Freitag, 19. März 2010

Google Echtzeitsuche, Schwächen: Kundus-Ausschuss

Seit heute hat Google seine Echtzeitsuche auch in Deutschland sowie 41 anderen Ländern/Sprachen gestartet.

Jetzt könnt ihr sofort nach Durchführung einer Suche Live-Updates von Leuten auf beliebten Websites wie Twitter, MySpace und FriendFeed sehen, außerdem Schlagzeilen von Nachrichten und Blogposts, die erst wenige Sekunden zuvor veröffentlicht wurden. ["Start der Echtzeitsuche", Google-Produkt-Kompass]
Nachdem man eine Suche über Google.de ausgeführt hat, kann man nun in dem grau hinterlegten Feld oberhalb des ersten Suchtreffers auf "Optionen anzeigen..." klicken.
Daraufhin verschieben sich die Suchtreffer nach rechts und links auf der Seite taucht eine Sidebar auf, in der verschiedene Optionen ausgewählt werden können:
Den ersten Block kennt man schon: hier kann man nach "Bildern" suchen (Google Bildersuche), nach "Videos" (YouTube), nach "Nachrichten" (Google News), nach "Büchern" (das berüchtigte Google Books) uvm...

Erst der zweite Block wird interessant. Standardmäßig gesetzt ist der Link mit dem irgendwie seltsamen Namen "Jederzeit", sprich: Die Suche ist zeitlich nicht gefiltert - was der Standardsuche von Google entspricht. Aber gleich darunter findet sich der Link, der nun das Thema "Echtzeit" ins Spiel bringt, er lautet: "Neueste".

Klickt man "Neueste" an, verändert sich die Suchergebnisliste auf einen Schlag deutlich. Ins Auge sticht, dass plötzlich auch Sprechblasen in den SERPs auftauchen: Twitternews zu dem gesuchten Thema. Auch fällt auf, dass auf den ersten Plätzen nicht mehr die "Üblichen Verdächtigen" stehen, sondern Seiten, von denen man evtl. noch nie zuvor etwas gehört hat. Klar, ist eine Echtzeitsuche: wer zuletzt gepostet, gebloggt, getwittert hat - der steht hier oben. Eine Chance für kleinere Seiten, auch mal bei einer klassischen News vor der FAZ und dem Spiegel zu ranken....

Doch nun zur Frage: Was bringt Echtzeitsuche? Einen guten Post, der sich ganz allgemein ein paar Gedanken zum Thema Real Time Search macht, gibt es hier. Aber wie sieht es in der Praxis aus?

Zufälligerweise fiel die Einführung der Echtzeitsuche von Google in Deutschland mit einem spannenden Ereignis zusammen: dem Kundus-Ausschuss. Ein Thema von höchster Aktualität und größter Bedeutsamkeit und zudem eines, dass gar nichts oder nicht direkt mit dem Web und mit Google zu tun hat.

Wie gut funktioniert Googles Echtzeitsuche für das politische Thema?

Fall "Kundus-Ausschuss": Keine einzige Twittermeldung. In den Top 10 fast nur etablierte Seiten großer überregionaler Zeitungen: Die Zeit, die FAZ, die SZ, DIE WELT, die Berliner Morgenpost und Der Standard. Unter den Blogs: 2 Watchblogs bzw. Aggregatoren.


Angesichts dieses sehr klassischen Ergebnisses ist doch die Frage, wieso die Echtzeitsuche hier "versagt". Sie bringt keine Meldungen, die man nicht auch finden würde, wenn man die RSS-Feeds der 5-10 wichtigsten deutschen regionalen und überregionalen Seiten in seinen Google Reader packen würde.

Im Fall des Kundus-Ausschusses lässt es sich einfach erklären. Der Ausschuss tagte unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Reporter und Journalisten mit Akkreditierung, die der Befragung von Ex-Generalinspekteur Schneiderhan beiwohnten, brauchten das Gehörte und Gesehene für ihre eigene Story, die sie ihrem Arbeitgeber (den o.g. Zeitungen) verkaufen würden. Logisch, dass diese Reporter nicht im Sitzungssaal anfingen über ihre iPhones zu twittern (falls ihnen diese nicht ohnehin am Eingang abgenommen wurden). Der Sitzungssaal twitterte also entweder aus ökonomischen Gründen nicht (Reporter wollen die Geschichte verkaufen, nicht frei twittern) oder er schirmte sich bewusst dagegen ab (Abnahme der Smartphones am Eingang).

Die Aktualisierungsdauer betrug im Durchschnitt übrigens bei diesem Thema heute nachmittag rund 6,5 Minuten.

Fazit:
Für das Thema Kundus-Ausschuss brachte die Echtzeitsuche von Google keinerlei Mehrwert für den User. Die herkömmliche Universal Search von Google hatte ohnehin die wichtigsten "News-Ergebnisse" mit eingebunden (ebenfalls wieder Stern, Spiegel, Süddeutsche...) und in den natürlichen SERPs auch die Usual Suspects angezeigt. Ein User, der sich über das Thema informieren möchte, hätte schlicht seinem Feedreader die Politik-Feeds der überregionalen deutschen Tageszeitungen hinzufügen können - mit dem gleichen Informationsergebnis.
Natürlich sieht eine Echtzeitsuche bei der nächsten Apple-Steve-Jobs-neues-Produkt-Gala anders aus, als bei einem Thema, dass so "unsexy" ist wie der Kundus-Ausschuss... Aber wen spricht Echtzeitsuche dann eigentlich noch an?

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